Dienheimer Schulhistorie

Als ich 1981 die Leitung der Grundschule Dienheim von meinem Vorgänger Hans-Albert Holleschack übernahm und zum ersten Mal die Gebäude betrat, drängte sich mir gleich der Eindruck altehrwürdiger Historie auf, denn unübersehbar waren die Anzeichen:
Holztreppen, zum Teil riesige Türen, alte, mittels einer Kanne zu füllenden Ölöfen....

Dies veranlasste mich zu zwei Vorhaben:

  • Ergründung der Schulbauhistorie
  • Verbesserung der räumlichen Gegebenheiten

Beides gelang mir in zufriedenstellender Weise. Daher gilt mein Dank zu Projekt 1 dem Dienheimer Historiker Josef Duttenhöfer, der mich reichlich mit Material versorgte, und zu Projekt 2 dem Schulträger, der Verbandsgemeinde Nierstein-Oppenheim, der viel Geld in Erneuerung und Renovierung investierte und somit annehmbare Verhältnisse für Kinder und Lehrkräfte schaffte.

Zum geschichtlichen Exkurs:

Von 1740 bis 1786 war Friedrich II., auch Friedrich der Große genannt, König im wirtschaftlich aufstrebenden Preußen. Er war ein absoluter Monarch und trotz eines Ministeriums für Gewerbe, Handel und Verkehr „auch sein eigener ... Verkehrsminister“ (Zitat). Schon seine Vorgänger hatten die Beförderung der könig-kaiserlichen Kurierpost dem Unternehmern Thurn und Taxis, einem heute noch bestehenden Adelsgeschlecht, übertragen. Er gewährte ihnen sogar ein Monopol. Zumal später auch private Post zugestellt wurde, bauten sie ein regelrechtes Postbeförderungssystem auf, das sie mit Postreitern und Postkutschen bestritten. Zur Versorgung von Mensch und Tier errichteten sie Poststationen, darunter auch 1694 in Dienheim. Von Oppenheim her kamen sie auf einer alten Römerstraße durchs Dienheimer Tor zu ihrer Raststätte. Reste davon sind heute noch zu sehen – aber wo? Was hat dies alles mit der Grundschule Dienheim zu tun? Was bedeutet eine Postkutsche auf einem Dienheimer Festglas?

Dies alles will ich mit wenigen Zahlen und Fakten erklären:

1648Ende des 30jährigen Krieges: 18 bewohnbare Häuser und 43 Einwohner in Dienheim
1681Erste Erwähnung der Herberge zu den < 3 Kronen >.
An diesem Platz steht heute noch die „alte“ Schule, erbaut auf den Kellergewölben dieses Gasthauses, das die Postkutschenstation der Thurn und Taxis im Jahre 1694 wurde und man daher 1969 ein Jubiläum mit Postkutschenfahrten zur 275jährigen Wiederkehr der Gründung feierte
1818Errichtung des Seitenbaus für Wagen, Pferde und Futter
18419. Juni, Kauf des Grundstückes < 3 Kronen >, heute: Rheinstraße 31-33, zum Preis von 2.900 Gulden für 350 Klafter = nicht ganz 2.200 m²
1842„Arbeitsversteigerung“ zum Neubau der Schule, ausgeschrieben in < Allgemeines Intelligenzblatt > S. 208 (Blatt aus Großherzog Hessische Zeitung 1842)
1870Fertigstellung des Schulneubaus mit 3 Schulräumen und einem Amtszimmer für den Bürgermeister = Anbau am „Mittelsaal“, später mein Büro, im anderen Teil befand sich Jahrzehnte lang das Dienheimer Gemeindearchiv. Im Erdgeschoß entstanden 2 Lehrerwohungen
195050iger Jahre: Umgestaltung der Reste der Remise / Scheune – weiter oben Seitenbau genannt – zu 2 weiteren Schulsälen
1967Schaffung der WC-Räume im Anbau
1998Räumung der nördlichen Gemeindewohung (ehemals Lehrerwohung).
Einverständnis des Immobilienbesitzers, Ortsgemeinde Dienheim, und des Schulträgers zur schulischen Nutzung als Verwaltungstrakt mit Büro, Lehrer- und Lehrmittelzimmer, Schulküche
1999Fertigstellung der Nutzungsänderung, der Renovierung des Mittelsaales zum Klassensaal und der Zusammenfassung der Säle im „Hinterhaus“ zu einer Einheit

Diese letzte Maßnahme geschah nicht mehr in meiner Dienstzeit, da ich 1998 in den Ruhestand ging.

In dem nun nicht mehr schulisch genutzten historischen Gebäude waren nicht immer ideale Voraussetzungen gegeben für zeitgemäße moderne Unterrichtsformen, doch herrschte eine heimische Atmosphäre vor. Diese wieder schaffen zu können wünsche ich den Kindern und der Lehrerschaft der Falkenberg-Grundschule Dienheim von ganzem Herzen.

Wilfried Greth
Rektor i.R.